Bei Keratokonus handelt es sich um eine nicht entzündliche, schmerzfreie, fortschreitende Erkrankung der Hornhaut. Dabei spricht man von einer progredienten Hornhaut-Dystrophie, (Dystrophie = Ernährungsstörung, in diesem Fall der Hornhaut) bei der alle Schichten der Hornhaut betroffen sind. Obwohl man diese Erkrankung schon sehr lange kennt, sind die genauen Ursachen bis heute unklar. Die laufende Forschung versucht, offene Fragen zu klären. Zudem gibt es viele Spekulationen und zahlreiche Theorien wurden entwickelt, wie zum Beispiel:
Große Studien (ca. 4.000 Teilnehmer) zeigen, dass bei etwa 13 % der Keratokonus-Erkrankten deren Familienmitglieder ebenfalls davon betroffen sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich bei ihren Kindern ein Keratokonus entwickelt, liegt bei etwa 10 %! Dabei kann man vorher nicht wissen, bei wem die Erkrankung ausbricht. Auf 10.000 Einwohner kommen ca. 5–6 Fälle von Keratokonus. Die Erkrankung tritt meist in einem Alter von Mitte bis Ende 20 auf. Aber manchmal tritt sie auch schon in der Pubertät auf. Jedoch sind selten Personen betroffen, die älter als 45 Jahre sind. Keratokonus gibt es auf der ganzen Welt, unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe.
Schon zahlreiche Kontaktlinsen-Typen wurden für die Versorgung von Keratokonus entwickelt. Am häufigsten verwendet man heute sauerstoffdurchlässige formstabile Kontaktlinsen. Sie zeichnen sich durch folgende Eigenschaften aus:
Folgende Kontaktlinsen-Typen kommen beim Keratokonus zur Anwendung:
Maßgeschneiderte Kontaktlinsen: Individuelle Anpassung für jede Augenform
Alle Kontaktlinsen-Typen können sphärisch, torisch, quadrantenspezifisch, asymmetrisch, mit dezentrierter Optik o. ä. gestaltet sein, individuell eben, ganz nach der Form des Auges. Dabei liegt die besondere Herausforderung für uns darin, festzulegen, welches Kontaktlinsen-Design für welches Auge „das Richtige“ ist. Die diversen Eigenschaften der einzelnen Geometrien sind dabei ausschlaggebend, Grundlage ist die Augenform.
Revolution in der Kontaktlinsen-Anpassung: Die Rolle der Videotopometrie in der modernen Vermessungstechnik
Erst seit einigen Jahren ist es möglich, aus einer Vielzahl von Kontaktlinsen-Formen zu wählen. Mit dem Einzug einer neuen Messtechnik, der Videotopometrie, Ende der 80er Jahre und stetigen Weiterentwicklungen lässt sich die Hornhaut heute viel exakter vermessen als früher. Die so gewonnenen Informationen lassen sich vielfach in Fertigungsdaten für das Kontaktlinsen-Design umrechnen. Doch Vorsicht! Eine bunte topografische Aufnahme der Hornhaut (vgl. topografische Darstellung der Landschaft) liefert noch lange nicht die gewünschte Kontaktlinsen-Form.
Keratokonus Kontaktlinsen-Anpassung: Berücksichtigung von Physiologie und Alltagsbedürfnissen
Trotz hilfreicher Computer-Simulationen sind physiologische Komponenten wie Tränenqualität, Lidstellung, aber auch das Sitzverhalten in Abhängigkeit des Liddrucks, der Lidspalte und des Pupillendurchmessers zu berücksichtigen. Weiterhin spielen die Sehanforderungen im Alltag bzw. im Beruf eine wichtige Rolle.
Individuelle Kontaktlinsen für Keratokonus: Auswahl und Materialinnovationen
Insgesamt gibt es heute deutlich mehr Optionen, eine Kontaktlinsen-Versorgung für Keratokonus individuell zu gestalten: Sei es durch die Auswahl der Kontaktlinsen-Form – wie beschrieben – oder mittels Verwendung des geeigneten Materials, aus dem die Kontaktlinse hergestellt wird. Je nach Qualität und Quantität des Tränenfilms kommen unterschiedliche Materialien zum Einsatz. Basis ist ein Kunststoff - ähnlich Plexiglas -, der mit Fluor und Silikon verfeinert wird. Dadurch wird das Material sauerstoffdurchlässig und leicht flexibel. Je nach Konzentration der verwendeten Rohstoffe ergeben sich die unterschiedlichen Eigenschaften, wie Benetzbarkeit (Fähigkeit, dass Flüssigkeit - hier Tränenfilm - an der Oberfläche haftet), Sauerstoffdurchlässigkeit, Oberflächenhärte, Formstabilität und Nutzungsdauer, um nur die Wichtigsten zu nennen.
Keratokonus: Ursachen und Auswirkungen
Beim Keratokonus ist die Hornhautvorderfläche nicht gleichmäßig gewölbt. Man spricht von einer irregulären Fläche, an der das Licht nicht regelmäßig „gebrochen“ werden kann. Es erreicht die Netzhaut nur teilweise gebündelt. Ein intensitätsärmeres scharfes Bild wird von unscharfen Abbildungen oder Schatten überlagert.
Die Rolle der Kontaktlinsen
Setzt man jetzt eine formstabile Kontaktlinse – entsprechender Form – auf das Auge, so bildet sich zwischen der Augenvorderfläche, also der Hornhaut, und der Kontaktlinsen-Rückfläche eine Tränenschicht. Auf dieser sogenannten Tränenlinse schwimmt die Kontaktlinse auf der Hornhaut. Sie hat eine optische Wirkung und gleicht die Irregularität der Hornhaut weitgehend aus. Ein kleiner Restfehler von etwa 10 % bleibt übrig. Jedoch kann man sich ganz gut daran gewöhnen, da man ihn in den meisten Fällen nur bei Dunkelheit und entsprechend weiter Pupillenöffnung wahrnimmt.
Anpassung der Kontaktlinsen
Ein Ziel der Kontaktlinsen-Anpassung ist, dass diese Tränenlinse möglichst gleichmäßig ist. Zudem soll beim Lidschlag die Tränenflüssigkeit unter der Linse regelmäßig ausgetauscht werden. Je unregelmäßiger die Hornhautform, desto komplizierter ist auch der Aufbau der Kontaktlinsen-Rückfläche. Mittels Mittendicke und Vorderflächenwölbung lässt sich dann noch die nötige Stärke der Kontaktlinse erzielen.
Prozess der Anpassung
Dies erklärt auch die Vorgehensweise bei der Anpassung. Wir verwenden nach Vermessung der Augen zunächst Anpass- oder Messlinsen, bei denen es nur um die Ermittlung der optimalen Rückfläche, also der dem Auge zugewandten Seite, geht. Liegt diese fest, und dazu können durchaus mehrere Anpasslinsen erforderlich sein, wird erst dann die fehlende Refraktion (Stärke, Dioptrie) mit einer Messbrille bestimmt.
Wirkungsweise und Kontroverse
Die Wirkung der Kontaktlinse kommt also zustande, in dem die Kontaktlinse dem Licht eine neue glatte Vorderfläche bietet, durch die es – regelmäßig gebrochen – in den optischen Abbildungsapparat Auge gelangen kann. Die unregelmäßige Hornhaut taucht dabei in die von der Kontaktlinse gebildete Tränenlinse ein und fällt bei der Abbildung kaum noch ins Gewicht. Obwohl kontrovers diskutiert, stellt die Kontaktlinse, aus unserer Sicht, keine Therapie für den Keratokonus dar. Sie dient lediglich für dessen Korrektion.
Risiken nicht angepasster Kontaktlinsen
Allerdings kann eine dauerhaft nicht passende Kontaktlinse Veränderungen an der Hornhaut auslösen! Durch andauerndes Scheuern an der Keratokonus-Spitze kann es gegebenenfalls zu einer Narbenbildung kommen, die mit leichten Trübungen einhergeht. Diese lässt sich kaum unterscheiden von einer Vernarbung als Selbstschutz der Hornhaut, um einer zu extremen Verdünnung vorzubeugen. Dies ist ein weiterer Grund dafür, dass regelmäßige Kontrollen empfehlenswert sind.
Sensibilität und Verträglichkeit
Da die Hornhaut-Sensibilität bei Keratokonus oft herabgesetzt ist, bemerkt man ein Reiben der Kontaktlinse oft nicht gleich. Aber die meisten Menschen, die an Keratokonus erkrankt sind, vertragen ihre Kontaktlinsen gut. Sie tragen sie den ganzen Tag und genießen die deutliche Sehverbesserung. Die Eingewöhnungsphase ist unterschiedlich lang und liegt meistens zwischen 2 Wochen und 3 Monaten.
Leben mit Keratokonus
Mit Kontaktlinsen für Keratokonus kann man ein völlig normales Leben führen, wenn überhaupt, dann mit nur kleinen Einschränkungen. Viele berühmte Personen haben Keratokonus: Sportler, Schauspieler, Nachrichtensprecher, Politiker, Ärzte, Rechtsanwälte… Sie alle tragen ihre Kontaktlinsen nach einer kurzen, manchmal anstrengenden Eingewöhnungszeit in der Regel zufrieden ihr ganzes Leben lang!
Von großer Bedeutung ist eine gute Kooperation zwischen Ihnen, dem Keratokonus-Patienten, dem betreuenden Augenarzt und uns, als Anpasser. Alle beteiligten Personen müssen Veränderungen oder Auffälligkeiten am Auge registrieren, dokumentieren und darüber informieren. Nur so ist die langfristige Gesundheit der Augen zu realisieren. Auch andere Ärzte, wie Internisten, Kardiologen, Gynäkologen, Dermatologen, Dentisten, aber auch zum Beispiel Kosmetikerinnen oder Ernährungsberater sollten Sie über einen vorhandenen Keratokonus informieren. Denn eine eventuelle Behandlung oder Medikation können Einfluss auf das Sehen und/oder die Verträglichkeit der Kontaktlinsen haben!
Bei folgenden Veränderungen am Auge sollte eine sofortige Kontrolle erfolgen:
Plötzliche Unschärfe, andauerndes Kratzen, ständiges Tränen, häufiges Verrutschen/Verlust, Unverträglichkeit der Kontaktlinsen.
Häufig sind nur kleine Ursachen verantwortlich. Mit einer geringen Modifikation der Kontaktlinse können wir meist helfen oder bei medizinischer Ursache umgehend zum Augenarzt überweisen.